Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
bei ihrer Urteilsfindung bitte ich Sie folgende Sachverhalte zu berücksichtigen:
1. Das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21.05.2010 (65 S 540/09)
2. Das Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom 01.09.2011
(8 A 396/10)
3. Den Prüfungsbericht über den „Einfluss von Taubenkot auf die Oberfläche von Baustoffen“[1] des Instituts für Massivbau der TU Darmstadt vom 26.08.2004 (Nr. 195.04)
4. Die Aussagen von Tom Stiebert Dipl. iur.[2] und Gudrun Stürmer, Vorsitzende vom Stadttaubenprojekt e.V. sowie meine persönliche Motivation und Einschätzung
Motivation:
In den letzten 30 Jahren ist der Bestand der Sperlinge auf die Hälfte zurückgegangen. Er steht auf der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands[3] und wurde vom Naturschutzbund Deutschland[4] und dem Landesbund für Vogelschutz[5] 2002 zum Vogel des Jahres erklärt.
Durch die Gartenpflege der Hausverwaltung werden Pflanzen und Insekten vernichtet, die eine der Nahrungsgrundlagen für diese Vögel bilden. Das sind Gründe für mich die Vögel zu füttern.
Zwei Untertassen auf meiner Balkonbrüstung sollen der Population der Vögel helfen und dem Nahrungsentzug entgegenwirken.
Zur Belästigung der Nachbarn durch Tauben und zum Taubenfütterungsverbot:
Das Urteil des Landgerichts Berlin (1.) sagt aus, dass das Füttern nicht dem vertragsgemäßen Gebrauch entgegen steht und wird vom Landgericht so begründet, dass
Zitat aus dem Urteil:
...es zu einem Balkon gehört, dass dort Vögel, Insekten, Regen, Wind und Sturm hin gelangen und eben auch Vogelkot. Das gelte umso mehr, wenn sich das Wohnhaus im begrünten Bereich befindet. Das Auftreten von Vogelkot sei deshalb bei Balkonen und Terrassen nicht zu vermeiden...
Zur Schädigung der Bausubstanz durch Vogelkot:
Über den Prüfungsbericht der TU Darmstadt[1] (3.) sagt Gudrun Stürmer (4.):
Die verschiedenen Baumaterialien müssten Jahrzehnte bis Jahrhunderte Taubenkot exponiert sein, um über rein kosmetische Beeinträchtigungen hinausgehende Schäden zu erwerben.
Zur Gesundheitsgefährdung durch Vogelkot:
Bei der Betrachtung des Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (2.) stellt Tom Stiebert fest,
dass die „Gesundheitsgefährdung der Menschen“ und die „Substanzschäden an öffentlichen und privaten Gebäuden“ durch die Tauben nach diesem Urteil eine „abstrakte Gefährdung“ seien. „Allerdings gilt dies nur dann, wenn diese in einer gehäuften Population auftreten – eine Taube allein ist noch kein Schädling.“[6]
Zitat aus dem Urteil:
Das ist der Fall bei Schwärmen ab einer Größenordnung von etwa 10 Tieren pro 100 Quadratmeter Grundfläche.
Gudrun Stürmer sagt in einem Interview[7]:
Krankheiten von Tauben sind Zoonosen die meldepflichtig sind. Bis 2005 gab es Anfragen an die Bundesdeutschen Gesundheitsämter und es lagen keine Fälle vor. In den jährlichen Zoonose-Berichten des Bundesinstitut für Risikobewertung[8] spielen verwilderte Haustauben überhaupt keine Rolle.
Zur Verunreinigung durch Futterreste:
Das von mir eingesetzte Futter besteht ausschließlich aus Körner die speziell auf die Bedürfnisse von Kleinvögel ausgerichtet sind.
Ich füttere weder Essensreste aus dem Haushalt, noch andere Futtermittel, welche Ratten anlocken könnten oder den Vorgartenbereich verschmutzen.
Fazit:
Ich muss, wie jeder andere Mieter auch, die Anwesenheit von Tauben tolerieren. Es ist nicht mein Ziel sie mutwillig anzulocken.
Weil vier Tauben vereinzelt meine Futterstelle aufsuchen und die Grünfläche vor meinem Balkon mehr als 2000 m² hat, liegt nach dem Berliner Urteil (1.) eine hinzunehmende Belästigung und nach dem Hessischen Urteil (2.) weder eine gehäufte Population von Tauben, noch eine abstrakte Gefährdung der Gesundheit vor. Eine Belästigung der Nachbarn durch Tauben konnte während der Verhandlung ohnehin nicht belastbar nachgewiesen werden.
Um das Taubenfütterungsverbot der GAGFAH einzuhalten habe ich erfolgreich die Teller mit Zweigen abgedeckt, welche die Tauben an der Futteraufnahme behindern.
Eine Substanzschädigung durch Taubenkot wird durch den Darmstädter Prüfbericht[1] entkräftet.
Gelangen Futterreste in den Vorgarten, so wachsen dort lediglich neue Pflanzen und leere Hülsen werden einfach zersetzt. Vogelkot wird durch Regen abgewaschen. Von einer übermäßigen Verschmutzung im Sinne der Anklage, kann also nicht die Rede sein.
Ich sehe mich, durch die o.g. Urteile und Argumente, zur Vogelfütterung uneingeschränkt berechtigt.
Hochachtungsvoll
Quellen
[1] http://www.tierrechte.de/images/stories/Stadttauben/gutachtenbaustoffe.pdf
[2] Uni Bonn - Fachbereich Jura: Tom Stiebert
[3] NABU | Rote Liste der Brutvögel
[4] NABU | Vogel des Jahres | Haussperling / Spatz
[5] Alle Jahresvögel seit 1970 in Bayern | LBV
[6] http://www.juraexamen.info/stadtauben-sind-schadlinge/(25.01.2012)
[7] Mediathek Hessen - Hessen in Fahrt - Die Problemtaube
(Hessen in Fahrt - Die Problemtaube 06.09.2013)
[8] Zoonosen - BfR
Im Rechtsstreit hat das Amtsgericht für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, zur Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250 000,00 €, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es zu unterlassen, von dem Balkon der angemieteten Wohnung im Erdgeschoss des Hauses, freilebende Vögel in der Art und in dem Umfang zu füttern, dass Tauben und Ratten angelockt werden und die Balkone des Hauses sowie die Außenanlagen auf dem Grundstück mit Taubenkot sowie Vogelfutter und Futterresten verunreinigt werden.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1 500 € vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Der Unterlassungsanspruch folgt aus § 541 Abs. 1 BGB.
Bei der praktizierten Vogelfütterung handelt es sich um einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache, der trotz entsprechender Abmahnung fortgesetzt wird.
„Es steht außer Streit, dass die Beklagte regelmäßig Vögel füttert. Die von der Klägerin eingereichten Fotos belegen (selbst wenn man nicht sämtliche Bilder als Beweismittel verwenden dürfte), dass dies über ein normales Maß deutlich hinaus geht und nicht mehr von einem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache umfasst ist. Dass hierdurch Beeinträchtigungen der Mietsache, des Hauses und von Mitmietern verursacht werden, bedarf keiner Beweiserhebung, sondern ist offensichtlich.“
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Die zitierte Entscheidung des LG Berlin vom 21.05. 2010 (65 S 540/09, mm 2011, 37) sieht in Balkonen eine ökologische und ornithologische Nische. Allerdings prüft auch das Landgericht, ob ein bestimmter Grad der Beeinträchtigung durch das Füttern von Vögeln überschritten wird, wobei der Maßstab „lediglich ganz unverhältnismäßige Verschmutzungen“ nicht überzeugen kann. Der Vermieter muss auch „unverhältnismäßige Verschmutzungen“ nicht dulden.
Die eingereichten Fotos zeigen, dass sich Futterreste nicht nur auf dem gesamten Balkonboden ausgebreitet haben, sondern auch großflächig in den Garten vor dem Balkon. Nachvollziehbar ist auch, dass durch diese Futterreste Ratten angelockt werden. Ein solcher Zustand ist nicht mehr vertragsmäßig.
Der Ansicht des Landgerichts, dass das Auftreten von Vogelkot auf Balkonen und Terrassen nicht zu vermeiden sei, schließt sich das Amtsgericht nicht an. Diese Beeinträchtigung würde nicht oder nur in sehr geringem Maße auftreten, wenn der Beklagte die Vogelfütterung unterließe.
Wenig überzeugend ist das Argument, Tauben würden durch die Äste über den Futterschalen abgehalten. Letztlich kommt es darauf aber nicht an, weil die Verunreinigungen genauso durch andere Vögel hervorgerufen werden.
Unerheblich ist auch, ob möglicherweise die Bausubstanz durch den Vogelkot beschädigt wird. Das massive Auftreten des Vogelkots und der Futterreste ist als solches ein vertragswidriger Zustand.
Bei Abwägung der Interessen der Klägerin und der Beklagten war letztlich auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin der Beklagten ihr Hobby nicht vollständig untersagen möchte, sondern ihr ein maßvolles Vogelfüttern auch weiterhin gestattet.
Meines Erachtens geht das Urteil in Ordnung, zumal es dort ausdrücklich heißt:
"Bei Abwägung der Interessen der Klägerin und der Beklagten war letztlich auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin der Beklagten ihr Hobby nicht vollständig untersagen möchte, sondern ihr ein maßvolles Vogelfüttern auch weiterhin gestattet."
„Es steht außer Streit, die Beklgte regelmäßig Vögel füttert. Die von der Klägerin eingereichten Fotos belegen (selbst wenn man nicht sämtliche Bilder als Beweismittel verwenden dürfte), dass dies überein normales Maß deutlich hinaus geht und nicht mehr von einem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache umfasst ist. Dass hierdurch Beeinträchtigungen der Mietsache, des Hauses und von Mitmietern verursacht werden, bedarf keiner Beweiserhebung, sondern ist offensichtlich.“
Off Topic:
@jaw, warum muss ich immer ins Kontrollzentrum um zu sehen ob hier neue Post sind, warum erscheit der Thread nicht unter Neue Beiträge?
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