Mausfeindliche Propaganda in "Spiegel Online"

stiip

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Liebe Mitforistinnen und -foristen,

mit dem heute morgen erschienenen Artikel "Infektionen: Antibiotika verfehlen Wirkung gegen Superverbreiter" und besonders dem zur Illustration gewählten großformatigen Foto einer Labormaus schürt Spiegel Online auf unverantwortliche Art eine Hysterie gegen Mäuse, für die der Artikelinhalt selbst nicht den geringsten Anlass bietet. Wohlweislich hat die Reaktion zu diesem Artikel keine Kommentare zugelassen; es gibt aber die Möglichkeit, mit dem Link "Feedback" unter dem Artikel der Redaktion zu sagen, was man von dieser Art tierschutzfeindlicher Propaganda hält. Ich lade jeden von Euch ein, es mir gleichzutun und die RedakteurInnen an ihre journalistische Sorgfaltspflicht zu erinnern.

Ihr Artikel " Infektionen: Antibiotika verfehlen Wirkung gegen Superverbreiter", Spiegel Online, Dienstag, 21.10.2014, 09:16 Uhr, abgerufen um 10:25 Uhr, URL: Superverbreiter reagieren nicht auf Antibiotika - SPIEGEL ONLINE

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Gastgeber vierer charmanter Farbmäuse halte ich es für wenig sinnvoll und journalistisch unsauber, unter der reißerischen Wendung "Superverbreiter" groß das Bild einer Labormaus (es könnte sich um eine Wald- oder Gelbhalsmaus handeln) zu zeigen. Zusätzlich erwecken Sie mit der Bildunterschrift "Superverbreiter (Archivbild): Trotz Infektion keine Krankheitssymptome", Mäuse seien per se extrem gefährliche Träger von Zoonosen.

Oberflächliche Leser (und die sind bekanntlich in der Mehrheit) müssen daraus den Schluss ziehen: Aha, Mäuse sind Superspreader, also gefährliches Ungeziefer, das es darauf anlegt, mich und meine Familie auszulöschen. Das schürt eine Hysterie, die weder dem Tier- noch dem Menschenschutz gut tut. Wozu das führt, kann man z. B. sehr schön auf Youtube beobachten: Dort führen völlig merkbefreite Tierquäler vor allem aus den USA massenhaft vor, auf welch kreative Arten Mäuse und andere Nager zu Tode gequält werden können, und fühlen sich moralisch im Recht, da sie sich in einem erbarmungslosen Krieg Spezies gegen Spezies wähnen. Die Auswahl reicht vom bestialischen Zu-Tode-Quälen in Klebefallen über das Zertreten von Mäusen mit blanken Füßen (in Japan ein beliebter Fetisch) bis zur Lebendverfütterung von Mäusen an Piranhas.

Für all dies liefert der Artikel nicht die geringste Rechtfertigung. Fakt ist: Die gemeine Hausmaus (die man übrigens auch mit Lebendfallen bekämpfen kann, und gegen die der beste Schutz Hygiene und das Abschließen von Lebensmittelvorräten ist) ist im Allgemeinen nicht krankheitserregender als eine Staubfluse in einem nicht gesaugten Zimmer. Der berüchtigte Hantavirus wird nach derzeitigem Wissensstand ausschließlich von der Weißfuß- oder Hirschmaus (Peromyscus, Deer mouse) übertragen, die in Europa gar nicht vorkommt -- ohnehin sterben jeden Tag in den USA ein Mehrfaches an Menschen durch Waffengewalt als durch den Hantavirus in einem ganzen Jahr. Und wenn man weiß, dass allein in Deutschland über eine Million Mäuse jedes Jahr in oft sinnlosen Tierversuchen "verbraucht" werden, dürfte einleuchten, dass der Mensch für die Maus um Größenordnungen bedrohlicher ist als umgekehrt.

Verehrte Spiegel-Online-Redakteurinnen und -redakteure, als ehemaliger freier Journalist weiß ich durchaus, das Klappern zum Handwerk gehört und im Internet-Zeitalter das Überleben eines Mediums von den Klickzahlen abhängt. Aber seien Sie sich bitte auch Ihrer journalistischen Verantwortung bewusst. Mit der suggestiven Bildauswahl zu diesem Artikel haben Sie dem Tierschutz und damit der Erhaltung unserer Biosphäre wortwörtlich einen Bärendienst erwiesen.

Mit freundlichen Grüßen
 

jaw

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also ich finde, den Bezug zum Thema hat die Maus schon, da die gewollten Versuche ja natürlich an Mäusen vorgenommen worden sind, wie ja auch aus dem Text hervor geht.
 

stiip

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also ich finde, den Bezug zum Thema hat die Maus schon, da die gewollten Versuche ja natürlich an Mäusen vorgenommen worden sind, wie ja auch aus dem Text hervor geht.
Klar. Trotzdem wird eine suggestive Verbindung zwischen "Maus" und "Superspreader" geschaffen, die einfach faktisch nicht gerechtfertigt ist. Und dass das kein dummer Zufall ist, zeigt die gewählte Bildunterschrit. Da wird mit dumpfen Ängsten und Vorurteilen gearbeitet.

Als ob man einen Artikel über "Explodierende Kriminalität in Deutschlands Großstädten" veröffentlichen würde und zur Illustration eine Roma-Familie zeigt. Ganz unten steht dann im Artikel, dass besonders MigrantInnen Opfer von Gewaltkriminalität werden. Aber so weit liest die durchschnittliche Dumpfbacke gar nicht. Die denkt sich, alles klar, Roma sind kriminell, ich habs ja schon immer gewusst.

So funktioniert Demagogie. Gegen Menschen und Mäuse.
 
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elbroto

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Ich finde die Reaktion überzogen.

Ein klein wenig Recherche hätte ergeben, dass iher eine Agenturmeldung verarbeitet wurde. (die Konkurenz von der Springerpresse hat in der Welt einen teilweise wortgleichen Artikel, sie z.B. hier : Studie: Gesunde Superverbreiter können andere anstecken - Nachrichten Gesundheit - DIE WELT ). Also ist mit Spiegel Online was den Text betrifft der falsche Adressat gewählt.

Ohne mich intensiv mit dem Thema befasst zu haben, erscheint mir dennoch löisch, dass Mäuse Superspreader sein KÖNNEN (wie es bei der Pest ja auch Ratten waren). Insofern ist das Bild auch nicht per se falsch.
Wenn eine Reaktion was bringen soll, muss sie aus meiner Sicht weniger aufgeregt sein. Für das geistige Niveau seiner Leser ist keine Redaktion verantwortlich, Der Spiegel richtet sich allerdings auch nicht an BILD-Leser. Mir fehlt da ein wenig die Relation.

Nachtrag: Außerdem unterstellt die Reaktion wie z.B. der Threadtitel eine absichtliche Hetze gegen Mäuse im Allgemeinen. Das kann ich jedoch nicht erkennen....
 
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Estrella

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Klar. Trotzdem wird eine suggestive Verbindung zwischen "Maus" und "Superspreader" geschaffen, die einfach faktisch nicht gerechtfertigt ist. Und dass das kein dummer Zufall ist, zeigt die gewählte Bildunterschrit. Da wird mit dumpfen Ängsten und Vorurteilen gearbeitet.

Seh ich genauso. Es wäre ein leichtes gewesen, in der Subüberschrift bzw. Bildunterschrift die Information "Studie an Labormäuse untersucht das Phänomen Superverbreiter" unterzubringen, mehr hat die Maus mit dem Textinhalt schließlich nicht zu tun.

Allerdings geh ich mit, dass eine weniger aufgeregte Reaktion sicher zielführender wäre.
 

Troika

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also ich finde, den Bezug zum Thema hat die Maus schon, da die gewollten Versuche ja natürlich an Mäusen vorgenommen worden sind, wie ja auch aus dem Text hervor geht.

Eigentlich ja, aber vermutlich wird sich trotzdem bei vielen festsetzen das vor allem Mäuse ein Risiko sind. Das es auch die liebe Milchkuh Susi oder ein beliebiges anderes (Haus)tier, ja sogar ein Mensch sein kann geht zwar aus dem Text hervor, einprägen tut sich leider aber meist das Bild!
 

jaw

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naja, es gibt Menschen, die denken der Strom kommt aus der Steckdose, das Fleisch aus dem Supermarkt, und die Milch wahlweise auch aus dem Supermarkt, oder aus lila Kühen.
Die einzige Möglichkeit, eine falsche visuelle Verknüpfung zu verhindern wäre ein Artikel komplett ohne Foto.
 

Fufu

mausgrau
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Der Artikel an sich ist ja ganz in Ordnung und der Sachverhalt ausreichend differenziert dargestellt. Ich denke, es hat ein Bild als "Aufmacher" gefehlt und dann hat man sich für das Foto (Archivbild!) dieser Maus entschieden.

Zusammen mit der Bildunterschrift: "Superverbreiter (Archivbild): Trotz Infektion keine Krankheitssymptome" wird aber zunächst sehr wohl der Eindruck erweckt, bei den Superverbreitern handele es sich um Mäuse. Die Assotiation zu Nagern und Pest ist demnach nicht von der Hand zu weisen.

Erst nach Lesen des Artikels wird klar, daß es sich bei den Superverbreitern primär gar nicht um Mäuse handelt. Das Titelbild ist also vollkommen irreführend und damit ungeeignet. Auf diesen Sachverhalt kann man sicher zu Recht hinweisen. =)
 
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