Rasputin hat mich die Tage mal wieder zum Lachen gebracht.
Der kleine Herr wird ja immer ganz wild, wenn er seine heißgeliebten Mehlkäfer riecht oder sieht (ich weiß nicht, welcher Sinn ihn da mehr leitet). Gibt es Mehlkäfer, dreht er auf wie ein verwundeter Bär, der seine Jungen verteidigen will, trotz seiner Größe ist das ein klein wenig furchteinflößend. Anschließend macht er Männchen und trippelt auf den Hinterbeinchen in Richtung meiner Hand, die den Leckerbissen hält, was total zum Schreien aussieht. Dann stößt er nach vorn wie eine Schlange, schnappt sich seine Beute, dreht mir den Rücken zu und sieht plötzlich wieder aus wie eine kleine schmatzende Fellkugel.
Ich habe einmal versucht, ihm das Futter mit einer Pinzette zu reichen, weil ich des öfteren ein wenig Sorge um meine Finger habe, doch das hat ihm nicht gepasst, denn die Pinzette hat ihn so irritiert, dass er sie immer wieder angegriffen hat.
Und offensichtlich war die Sorge um meine Finger nicht ganz unberechtigt. Neulich trug ich schwarzen Nagellack und bot Rasputin einen Mehlwurm an, der natürlich rein optisch nicht so gut von meiner Hand zu unterscheiden ist wie ein Käfer. Rasputin war wieder so aufgeregt, dass er einfach nur geschnappt hat, Hauptsache Beute ergattern. Diese Beute war allerdings mein Ringfinger, von dem er auch nicht abließ. "Wieso lässt die Alte meinen Käfer denn nicht los?" muss er gedacht haben. Ich konnte ihn an meinem Finger hängend hochheben, das Kerlchen hing daran wie festgewachsen. Ich versuchte vorsichtig ihn abzuschütteln, aber er ließ nicht los. Der Wurm war inzwischen irgendwo in die Streu gefallen. Ich hob ihn noch ein paar Mal hoch, bis er irgendwann einsah, dass mein Finger nicht die Beute war, die er sich erhofft hatte. Dann bemerkte er den Wurm, der sich schon verbuddelt hatte, schnappte zu und mampfte so doch noch sein schwer verdientes Festmahl.
Abgesehen von dem Schrecken, den er mir in dem Moment eingejagt hat ("Oh verdammt, wie kriege ich das kleine Knäuel jetzt vom Finger ab ohne ihm wehzutun?!"), war Rasputin aber zugegebenermaßen sehr liebevoll zu mir. Der Biss tat fast gar nicht weh und hat auch nicht geblutet. Ich kann somit behaupten, dass er ein sehr gnädiger Jäger ist. Aber schwarzen Nagellack sollte man nicht tragen, wenn man ihn füttern möchte, denn die bloße Erinnerung an Mehlkäfer könnte ihn so wuschig machen, dass er alles frisst, was er zu schnappen kriegt in der Hoffnung, dass zwischen den menschlichen Fingern doch noch ein Mehlkäfer versteckt liegt.
Eben hat er mich ganz erwartungsvoll mit seinen großen Kulleraugen angesehen, aber Mittwoch muss das kleine Moppelchen leider von seinen Vorräten leben, damit er auch mal die Sachen anrührt, die zwar gesund, aber nicht so lecker sind wie Körner und Käfer.
Ja, Mittwoch ist ein sehr trauriger Tag für den kleinen Wonneproppen und ein sehr harter Tag für mich. Mittwochs trainiere ich meine Willenskraft, denn mit diesem Blick könnte Rasputin ganze Eisbuden schmelzen.*Herz*